Fußball ist beliebt in Sierra Leone: Wenn die Nationalmannschaft aufläuft, tragen die Spieler Trikots in den Nationalfarben blau, weiß und grün. Aber ausgerechnet neben dem Nationalstadion in der Hauptstadt Freetown, wo die "Leone Stars" nach aufwendigen Renovierungsarbeiten bald wieder auflaufen wollen, sind die Nationalfarben von Sierra Leone unsichtbar. Stattdessen weht die rote chinesische Flagge - ein Hinweis darauf, dass die größte Spielstätte des Landes von China gebaut und finanziert wurde."Da wehen 20 chinesische Flaggen und keine von Sierra Leone", schildert der auf Afrika spezialisierte Wirtschaftsjournalist Julian Hilgers im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit". China ist schon seit vielen Jahren Wirtschaftspartner Nummer eins für Sierra Leone und im Alltag der Menschen stark vertreten, berichtet Hilgers. "Man hat das Gefühl, China hat hier sein eigenes Nationalstadion."Sierra Leone ist für den Journalisten und Afrika-Podcaster ein "Brennglas für das, was China auf dem afrikanischen Kontinent macht". Ganz gleich, ob im sportlichen Alltag, beim Thema Infrastruktur oder beim Abbau von Rohstoffen: Die Chinesen nehmen schon seit vielen Jahren eine zentrale Rolle in dem westafrikanischen Land ein. Dabei profitieren sie von den Bodenschätzen. Sierra Leone ist reich an Diamanten, Eisenerz und Bauxit. Erze und seltene Erden sind die wichtigsten Exportprodukte des Landes. Trotzdem zählt Sierra Leone zu den ärmsten Ländern der Welt.Für Julian Hilgers ist der Rohstoffreichtum eher Fluch als Segen. Die größte Eisenerzmine des Landes wird von einem chinesischen Unternehmen betrieben. Hilgers hat sich auf den Weg gemacht und mit Beschäftigten der Tonkolili-Mine gesprochen. In der neuen Podcast-Folge berichtet er von Unzufriedenheit, die sich aber nicht nur gegen die Chinesen richte, sondern auch gegen die Regierung Sierra Leones, die die Betreiber unterstütze. "Als die Menschen dort streiken wollten, hat die Regierung Druck gemacht und gesagt, sie sollen das mal lieber lassen", erzählt Hilgers. Die Menschen dort könnten nur schwer dagegen halten, "weil natürlich jeder Job hilfreich ist, auch wenn er sehr, sehr schlecht bezahlt ist".Chinas Dominanz in Sierra Leone ist für Europa kaum aufzuholen. Das bilaterale Handelsvolumen zwischen Deutschland und Sierra Leone ist im Jahr 2024 zwar nach vorläufigen Zahlen auf 73,4 Millionen Euro angestiegen. Doch in der Rangfolge der Handelspartner Deutschlands liegt Sierra Leone damit abgeschlagen auf Platz 152.Was hindert deutsche Unternehmen am Handel mit Sierra Leone? Die Erinnerung an den brutalen Bürgerkrieg, der von 1991 bis 2002 das Land lahmlegte? Oder Sorge vor einer neuen Ebola-Epidemie? Für Hilgers ist es noch viel einfacher: Sierra Leone bleibt trotz Rohstoff-Reichtum eines der ärmsten Länder der Welt, es fehle schlichtweg der Absatzmark. "Es gibt keinen Mittelstand, der sich einen deutschen Traktor kaufen könnte", erklärt Hilgers, der in seinem Podcast "55 Countries" vom afrikanischen Kontinent berichtet.Auf der anderen Seite heißt das aber auch, dass das Ausbaupotenzial in Sierra Leone sehr groß ist. Deshalb gibt es sehr wohl Unternehmen, die ihre Chancen in Sierra Leone suchen und diese auch finden. So bietet etwa der Ausbau des Stromnetzes riesiges Potenzial. Ein Ansatz, der nicht nur wirtschaftlich Sinn ergeben könnte, sondern vor allem auch den Menschen vor Ort helfen würde.An der Dominanz der Chinesen im Land wird das kaum etwas ändern. Das hat auch Julian Hilgers bemerkt. Von einem kleinen Jungen wurde er selbst für einen Chinesen gehalten - und mit einem "ni hao, chinese man" freundlich gegrüßt.Schreiben Sie Ihre Fragen, Kritik und Anmerkungen an
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